Eingestellt von Manfred Becker am
24.08.2015 um 11:30 Uhr
Der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte hat einem deutschen Vater Recht gegeben, der sich seit über
elf Jahren vergeblich um regelmäßigen Umgang mit seinem Sohn bemüht.
Zugleich wiesen die Straßburger Richter
die Bundesregierung an,
dem 52-Jährigen aus Heidelberg 15.000
Euro Schmerzensgeld zu zahlen.
Die Mutter hatte
dem Mann kurz nach der Geburt im Jahre 2003 jeglichen Kontakt mit dem Sohn
untersagt. Der Vater zog vor Gericht und
erwirkte vier Jahre später einen Bescheid, der ihm wöchentliche Treffen während
einiger Stunden mit seinem Kind zugestand.
2010 reduzierte ein Berufungsgericht in Frankfurt am Main das Umgangsrecht auf
ein Treffen alle zwei Wochen.
Mutter verhindert Treffen zwischen Vater und Sohn
Tatsächlich konnte der
Mann seinen Sohn aber nur sehr selten sehen, weil die Mutter sich widersetzte.
Die Frau wurde schließlich zu 300 Euro Geldbuße verurteilt, weil sie sechs
geplante Treffen verhindert hatte. Diese Strafe rügte der Straßburger
Gerichtshof als "eher niedrig", zumal in solchen Fällen in Deutschland Geldstrafen
von bis zu 25.000 Euro pro vereiteltem Treffen möglich seien. Es sei zu
"bezweifeln", dass eine Geldbuße von nur 300 Euro geeignet war,
Wirkung auf die Mutter auszuüben.
Folgen für Deutschlands Gerichte
Im Februar 2011 wurde
das Umgangsrecht des Vaters durch einen erneuten Richterspruch schließlich bis
Oktober dieses Jahres ganz ausgesetzt - mit der Begründung, Treffen gegen den
Willen des Sohnes würden das "Kindes-wohl" verletzen. Deutschland habe
nicht dafür gesorgt, dass der Vater sein Umgangsrecht ausüben konnte, urteilte
das Straßburger Gericht. Die Prozeduren seien übermäßig lange gewesen und der
Mann habe keine Möglichkeit gehabt, die Verfahren zu beschleunigen. Damit sei
gegen seine Grundrechte auf Schutz des Privatlebens und auf wirksame
Rechtsmittel verstoßen worden.
Das Urteil wurde
von einer kleinen Kammer gefällt und ist noch nicht rechtskräftig. Beiden
Parteien können dagegen binnen drei Monaten Rechtsmittel einlegen. Der
Gerichtshof kann den Fall dann zur Überprüfung an die 17 Richter der Großen
Kammer verweisen - er muss dies aber nicht tun.
Der Gerichtshof für Menschenrechte hatte bereits in mehreren früheren
Urteilen ledigen oder geschiedenen Vätern Recht gegeben, die sich von der
deutschen Justiz benachteiligt
sahen. Als Folge dieses Urteils sollte Deutschland Klägern Möglichkeiten
einräumen, um Verfahren in Umgangs Angelegenheiten zu beschleunigen.
Allerdings kann gegen diese Entscheidung Berufung beantragt werden. Diese
kann der EGMR annehmen, aber auch zurückweisen.
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