Donnerstag, 7. Mai 2015

Was tun bei einer Inobhutnahme. ( Ratgeber )

Eine Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII
 Rechtscharakter der Inobhutnahme:
Die Inobhutnahme ist ein Verwaltungsakt und kann als dieser im Rechtswege, ( Verwaltungs Gericht ) angefochten werden.
Für eine unterlassene oder unzureichende Gestaltung oder Ausführung der Inobhutnahme. Der öffentliche Träger kann den freien Träger oder die mit der Inobhutnahme beauftragte Einzelperson bei unzureichender Erfüllung seiner Aufgaben in Regress nehmen.  Aus Gründen der Rechtssicherheit und späteren Überprüfbarkeit ist es geboten, einen Verwaltungsakt, mit dem eine Inobhutnahme abgelehnt oder begründet  wird, schriftlich abzufassen. Dies gilt auch für eine gegen den Willen der Eltern oder  Minderjährigen durchgeführte oder bei mit Freiheitentzug verbundener Inobhutnahme. In Obhut genommen werden können nur Kinder und Jugendliche. Kind im Sinne des SGB VIII ist, wer noch nicht 14 Jahre alt ist (§ 7 Abs. l Nr. l SGB VIII), Jugendlicher wer 14, aber noch nicht 18 Jahre alt ist (§ 7 Abs. l Nr. 2 SGB VIII). Vorläufiger Charakter der Inobhutnahme
  
Inobhutnahme wird im Gesetz als „vorläufige Unterbringung" definiert. Der Begriff „vorläufig" verdeutlicht, dass die Inobhutnahme nur vorübergehenden Charakter haben kann. Dabei gilt, „sie sollte so kurz wie möglich und so lange wie nötig sein ( M. Busch: Begriff, Inhalt und Umfang der Inobhutnahme In: Zentralblatt für Jugendrecht, H. 3/93, S. 129 – 135).                                                                        
Benachrichtigung einer Vertrauensperson durch den Minderjährigen.
Nach Absatz 2 Satz 2 ist mit der Inobhutnahme, dem Minderjährigen „unverzüglich“ (ohne schuldhaftes Verzögern, vgl. § 121 BGB) die Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt muss den Minderjährigen auf diese Möglichkeit hinweisen. Vertrauensperson kann jede Person sein, die der Minderjährige als solche benennt. Welche Person der Minderjährige für eine Person seines Vertrauens hält, bestimmt der Minderjährige selbst. Der Minderjährige ist nicht verpflichtet, die Person, die er benachrichtigen möchte, namentlich zu benennen, sondern ihm muss die Gelegenheit gegeben werden, diese selbst (meist telefonisch, aber auch per SMS, E-Mail oder schriftlich möglich) zu benachrichtigen. Dies gilt unabhängig davon, ob das Jugendamt diese Person für vertrauenswürdig hält.
Reaktion des Personensorge- oder Erziehungsberechtigten / Einschaltung des Gerichts
Entsprechend dem sozialpädagogischen Grundverständnis ist es angezeigt, nicht nur mit dem Minderjährigen, sondern auch mit den Personensorge-/Erziehungsberechtigten Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung zu besprechen. Wenn der Personensorge- oder Erziehungsberechtigte mit der Inobhutnahme einverstanden ist, kann diese als vorläufige Maßnahme weitergeführt werden, und es können weitere Möglichkeiten der Hilfe aufgezeigt und erörtert werden. Widerspricht der Personensorge- oder Erziehungsberechtigte der Inobhutnahme (der Widerspruch ist an keine Form oder Frist gebunden), hat das Jugendamt nach § 42 Absatz 3 Satz 2 zwei Möglichkeiten, entweder
·         den Minderjährigen dem Personensorge- oder Erziehungsberechtigtenunverzüglich zu übergeben sofern nach Einschätzung des Jugendamtes eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder
·         eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohle des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
Keinesfalls kann das Jugendamt aus eigenem Recht das Kind oder den Jugendlichen gegen den Willen des Personen- oder Erziehungsberechtigten weiterhin in Obhut behalten, auch nicht, wenn das Kind oder der Jugendliche dies wünscht. Eine solche Maßnahme gegen den Willen des Personensorgeberechtigten kann nur das Gericht anordnen

Die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII dient dem Schutz von Kindern und Jugendlichen bei drohender Gefährdung ihrer körperlichen und seelischen Unversehrtheit und ist ein Eingriff in das Grundrecht der elterlichen Sorge.

Wenn Kinder aus einem emotional stabilen Beziehungsgefüge von jetzt auf nachher aus ihrer vertrauten Umgebung herausgerissen werden: In einem solchen Fall ist davon auszugehen, dass die Kinder eine schwere posttraumatische Belastungsstörung erleiden. Auch hier ist nach aktuellem Stand der Wissenschaft festgestellt worden, dass bislang die Auswirkungen einer posttraumatischen Belastungsstörung auf Kinder von fachlicher Seite vielfach völlig unterschätzt worden ist.
Bei plötzlicher Trennung von den Bezugspersonen reagieren insbesondere, wie vorliegend Kinder mit Depressionen, sozialem Rückzug, Bettnässen, Unlust, Hoffnungs- und Interesselosigkeit, Albträumen und Ängstlichkeit. Schulkinder reagieren zusätzlich mit schulischem Leistungsabfall und sozialem Rückzug. Auch gegenteilige Reaktionen wie auffallende Distanzlosigkeit können die Folge sein. Je länger die Trennungsbelastung andauert, um so schwerwiegender sind die Folgen. Insbesondere die in Deutschland übliche Verweigerung eines Elternkontaktes nach überraschender Inobhutnahme führt für die Kinder zusätzlich zur Verschärfung der Traumatisierungsfolgen und vermittelt den betroffenen Kindern ein Gefühl der Ohnmacht und des Ausgeliefertseins. Auch im späteren Erwachsenenalter sind psychische Folgen aus der in einer solchen Situation von Kindern erlebten Hilflosigkeit und seelischen Not nicht auszuschließen. Insbesondere leidet das Selbstwertgefühl und das Vertrauen in die „Selbstwirksamkeit“. Eine Inobhutnahme, ohne dass für Kinder eine akute Gefährdungssituation durch schwere Misshandlung oder schweren sexuellem Missbrauch gegeben ist, stellt aus wissenschaftlicher Sicht eine schwerwiegende Gefährdung der psychischen Gesundheit der Kinder und damit auch eine schwere Kindeswohlgefährdung dar.
Das Ende der Inobhutnahme. 
Eine Inobhutnahme soll möglichst schnell beendet werden. Die Inobhutnahme ist nur zulässig, solange sie geeignet, erforderlich und angemessen ist. 

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