Samstag, 13. Februar 2016

Gutachterin aus Mainz muss für falsches, fahrlässiges erstelltes Gutachten nicht Haften. Laut OLG Koblenz.

Eingestellt: Manfred Becker am 13.02.16 um 16:00 Uhr.

Stefanie und Kevin Diemer, die Eltern der vom Jugendamt in Obhut genommenen Kinder, sind erleichtert: Auch nach dem Berufungsverfahren steht fest, dass das Gutachten, das ihnen ihre Kinder nahm, fahrlässig erstellt wurde. Trotzdem muss die Ärztin der Uniklinik Mainz, die das Papier verfasst hat, nicht persönlich dafür haften. Dies machte der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz am Freitag bei einer mündlichen Verhandlung deutlich. Ein entsprechendes Urteil soll am 18. März fallen.

Landkreis muss haften

Der Senat begründete seine Entscheidung damit, dass die Ärztin als Fachkraft des Jugendamtes gearbeitet habe. Dementsprechend müsse der Landkreis, der für das Jugendamt zuständig sei, für das falsche Gutachten verantwortlich gemacht werden.
Die Rechtsmedizinerin hatte vor drei Jahren ein Gutachten über einen kleinen Jungen erstellt. Darin schrieb sie, dass das Kind vermutlich misshandelt worden sei. Der Junge und sein Bruder - damals 6 und 18 Monate alt - kamen daraufhin in Pflegefamilien. Erst ein Gutachten von einem anderen Arzt ergab später, dass das Kind einen sogenannten Wasserkopf hat. Die Verletzungen des Jungen seien darauf zurückzuführen. Nach gut einem halben Jahr waren die Kinder zurück zu ihren Eltern gekommen.

Eltern fordern Schmerzensgeld

Die Eltern hatten daraufhin Schadenersatz in Höhe von 80.000 Euro von der Ärztin verlangt. Nach Auffassung des Landgerichts Mainz hatte die Medizinerin ihr Gutachten nur nach Aktenlage und ohne Untersuchung der beiden Kinder angefertigt und deshalb den Eltern Schmerzensgeld zugesprochen. Dagegen war die Ärztin - eine bereits mit einem Preis ausgezeichnete Rechtsmedizinerin - erfolgreich in Berufung gegangen.

Ärztin tut Fehler "unendlich leid"

Die Rechtsmedizinerin äußerte sich am Freitag zum ersten Mal öffentlich zu dem Fall. Sie sei erleichtert, dass sie mit ihrer Berufung Erfolg gehabt habe. Allerdings sei sie noch immer der Ansicht, dass sie ihr Gutachten auf Grundlage der ihr vorliegenden Angaben gewissenhaft erstellt habe. Dass das Gericht dies anders sehe, sei bedauerlich: "Sie können sich vorstellen, dass diese Einschätzung für mich beruflich und persönlich eine Katastrophe ist", sagte die Ärztin, die wegen einer schweren Erkrankung aktuell nicht berufstätig ist. In der Verhandlung hatte sie erklärt, der Fehler tue ihr "unendlich leid".

Strafverfahren könnte folgen

Obwohl Stefanie und Kevin Diemer mit der Einschätzung des Oberlandesgerichtes zufrieden sind, will die Familie weitere rechtliche Schritte mit ihrer Anwältin besprechen. Auch eine Strafanzeige gegen die Gutachterin schließe man nicht aus.

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